Hochwasserschutz in Ditzingen

BAUWERK SOLL WASSER BÄNDIGEN

Ditzingen Gerlingen und Stuttgart investieren rund eine Million Euro, um die Ditzinger vor Hochwasser zu schützen. Eine Art Staudamm soll gebaut werden, die Grundstücksbesitzer sind nun auch bereit, ihre Flächen zu verkaufen.

Das Hochwasser, das Anfang Juli Ditzingen überflutete, hat offensichtlich einige Grundstücksbesitzer bewogen, umzudenken. Seitdem tut sich die Stadt nämlich mit dem Grundstückserwerb im Scheffzental leichter. Dieses Tal will sie künftig als natürliches Rückhaltebecken nutzen. Immerhin fasst es 57 000 Kubikmeter – so viel, dass wenigstens jene Wassermassen beherrschbar gewesen wären, die am 4. Juli aus dem Scheffzental heraus die Innenstadt geflutet haben.

Rund eine Million Euro wird der aus mehreren Einzelmaßnahmen bestehende Hochwasserschutz jenseits der Siemensstraße kosten. So soll unter anderem ein Feldweg erhöht und verbreitert werden, um ihn als Damm zu nutzen. Kernstück des Hochwasserschutzes ist allerdings ein nahezu quadratisches, vier Meter hohes, später begrüntes Bauwerk, das das Wasser aus dem Scheffzental dosiert und somit den Zulauf in die Verdolung reguliert – eine Art Staudamm. Die Baukosten tragen die Nachbarstädte Gerlingen und Stuttgart. Schließlich sind es Gewässer auf ihren Gemarkungen, die über den Beutenbach in den Ditzinger Scheffzengraben münden. Ditzingen selbst beteiligt sich zu einem Drittel an den Planungskosten. Die Bauarbeiten sollen Mitte nächsten Jahres beginnen und werden voraussichtlich ein Jahr dauern.

Bei der Vorstellung der Pläne im Ditzinger Bürgersaal schränkte der Oberbürgermeister Michael Makurath am Donnerstag ein, dass „nicht jeder Eigentümer von der geplanten Maßnahme nachhaltig begeistert“ sei. Allerdings werde damit „das Maximale aus dem Scheffzental herausgeholt“. Die rund 200 Bürger, die zu der Informationsveranstaltung gekommen waren, vernahmen es gern. Denn einige unter ihnen waren binnen zwei Jahren im Juli nun zum zweiten Mal massiv vom Hochwasser betroffen gewesen.
Sie brachten deshalb klar zum Ausdruck, nicht so lange warten zu wollen, bis das Bauwerk im Scheffzental errichtet und weitere Schutzpläne, etwa für das westliche Ortsgebiet, umgesetzt sind. Die Anwohner der Stuttgarter und Weilimdorfer Straße forderten statt dessen einen kurzfristigen Objektschutz. Der OB versprach eine Überprüfung, stellte im weiteren Verlauf der Diskussion aber auch klar, dass es eine hundertprozentige Sicherheit nicht geben könne.

Vorwürfe, das Hochwasser würde gar fahrlässig in Kauf genommen, weil Wasserläufe nicht von der Schmutzfracht befreit würden, wies der Abteilungsleiter für Grünordnung und Umwelt, Anton Schühle, als unrichtig zurück. Einer Hausgemeinschaft war bei dem Unwetter ein Schaden von 1,8 Millionen Euro entstanden, einer anderen 700 000 Euro. Der Geschäftsführer des Ludwigsburger Planungsbüros ISTW warnte allerdings davor, die Abwasserkanalisation, wie von Bürgern ebenfalls vorgeschlagen, größer zu dimensionieren als erforderlich, um auch die Häuser vor Hochwasser zu schützen. „Das wollten Sie wahrscheinlich nicht finanzieren“, sagte Thomas Zeltwanger. Ganz abgesehen davon, dass der Unterhalt einer solchen Kanalisation sehr teuer würde.

Carsten Scholz, Fachbereichsleiter im Landratsamt, stellte außerdem klar, dass „die Kanäle nicht dazu da sind, das Hochwasser zu beherrschen“. Als Reaktion auf die Klimaveränderung werden allerdings die Regenrückhaltebecken künftig größer dimensioniert als bisher. Über das Jahr werden insgesamt höhere Niederschlagsmengen erwartet.

Stuttgarter Nachrichten und Stuttgarter Zeitung – 23.10.2010